Rigobert Dittmann // Bad Alchemy (juillet 2022)

Dark Tree hat ein Spielbein im Hier und Jetzt, mit zuletzt erst wieder dem Ensemble Icosi­kaihenagone. Aber daneben gibt es das spezielle Faible für den durch die Fixierung auf New York überschatteten Jazz der Westcoast – Bobby Bradford & John Carter, Vinny Go­lia, Roberto Miranda und insbesondere Horace Tapscott (1934-1999). Nachdem Bertrand Gastaut seinen speziellen Hausgott und dessen Union of God’s Musicians and Artists As­cension (UGMAA) vor allem mit The Pan-Afrikan Peoples Arkestra in Erinnerung gerufen und – ähnlich wie S. Isoardi in „The Dark Tree: Jazz and the Community Arts in Los Ange­les“ (2006) – in seiner soziokulturellen Bedeutung gewürdigt hat, steht bei Legacies For Our Grandchildren – Live In Hollywood, 1995 (DT(RS) 16) jenes HORACE TAPSCOTT QUINTET im Mittelpunkt, das jahrelang seine ‘working unit’ gewesen ist, speziell im Catalina’s. Dort stimmte Dwight Trible am 19./20.12.95 ‘Motherless Child’, ‘Close to Freedom’ und in pathe­tischem Überschwang Linda Hills ‘Little Africa’ an, dort spielten Michael Session (as, ts, ss), der nur 1 ½ Jahre danach mit erst 56 gestorbene Thurman Green (trombone), Roberto Miranda (double bass) & Fritz Wise (dr) dazu noch Tapscotts ‘Ballad for Deadwood Dick’ und ‘Breakfast at Bongo’s’ und das rasante ‘The Theme’ von Miles Davis in konzertant aus­gedehnten Versionen. Leicht zu erkennen ist da, biblisch gesagt, der Stein, den die Bau­leute lange verworfen haben und der doch zum Fundament und Eckstein geworden ist für Kamasi Washington & Co. Allein schon der Einstieg auf Hundepfoten und mit phantasti­schem Alto zu galoppierenden Stöckchen, pulsendem Bass, Tapscotts Tremolo… Doch je mehr einen die mit swingendem Drive, Sessions Feuerzunge, Mirandas grandiosem Bo­gen- und Pizzicatozauber und trommlerischem Rambazamba proklamierte Freiheit erfasst und erhebt, desto bitterer stößt auf, dass sie, schon in den 60s und hier in den 90s so greifbar nah, weitere 30 Jahre später immer noch auf Polizeikugeln und brutale Knie stößt. Was Trible singt, ist ja nichts anderes als Sometimes I feel like I can’t breathe. Wo­ran Tapscott aber festhielt und was Session mit Sopranotrillern beschwor, war und bleibt die Überzeugung, dass zuletzt das Harte unterliegt.

 

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