• Chronique par Rigobert Dittmann dans Bad Alchemy (mars 2018)
Wie konnte ich nur übersehen, dass das Pariser Label sich auf Horace Tapscott beruft, den Leuchtturm des Westcoast Jazz. Sein « The Dark Tree » (hat ART, 1991) stand 2006 auch Pate für Steven L. Isoardis kenntnis- und lehrreiches « The Dark Tree – Jazz And Community Arts In Los Angeles ». Mit « No U-Turn – Live in Pasadena, 1975″ (DT(RS)05) von John Carter & Bobby Bradford griffen die Pariser auf diese Wurzeln zurück, die mit Tapscotts Pan-African Peoples Arkestra, dem New Art Jazz Ensemble und Carters Reihe « Roots and Folklore: Episodes in the Development of American Folk Music » den engagierten Gegenpol bilden zum Klischee vom coolen und durch Hollywood verwöhnten Jazz zweiter Güte in L.A. Auch Live at the Century City Playhouse, Los Angeles, 1979 (DT(RS)08) mit Bradfords Kornett, Carters Klarinette und der Posaune von Glenn Ferris im VINNY GOLIA WIND QUARTET führt dorthin zurück in den Mai ’79. Golia stammt aus der Bronx und seine Verbindung zum Jazz hatte sich in New York über sein Artwork für Plattencover entwickelt. Aber ab 1977 setzte er mit Nine Winds Records und einem Fächer aus Flöten, Baritonsax und Bassklarinette seine Ausrufezeichen in L.A., gleich auch mit Carter, der schon auf einer Bilderausstellung von Golia gespielt hatte. Ferris, 1972 ne Weile sogar zappafiziert, gehörte ’79 zu Bradfords Extet und hatte gerade mit Carter und Golia am 25.4.79 Tim Bernes Debut « The Five-Year Plan » mit eingespielt. Ab 1980 pflanzte er seine dunklen Bäumchen in Paris. Ob daher…? Golia, im Mai ’78 mit Anthony Braxtons Orchestra in Köln und Paris, muss man sich zu jener Zeit als pudelbemützten Pfeifenraucher vorstellen. Der Schwerpunkt lag bei seinem Trio mit Roberto Miranda und Alex Cline, mit ästhetischen Präferenzen, die zwischen abstrakt expressionistisch und hard-edge kristallin streuten. Seine Musik ist ein ausdifferenziertes Geflecht der vier oft solistischen, nonchalant turbulenten, partout nicht klumpigen Stimmen. Voller klangfarblicher Kontraste und piccolospitzer Extreme, quecksilbrig oder schlängelnd, so ungescheut kakophon wie melodienselig, hypervirtuos kapriolend und bis zur Atemlosigkeit vertrillert, auch im übertragenen Sinn pfiffig, ohne Opfer wie Steve Biko zu vergessen. Aus dem Jahr von « Winter Songs », « Unknown Pleasures », « Y », « Heresie » und « Half-Mute » wird da Musik, die ‘Chronos’ ein Schnippchen schlägt, nachgeschoben als Nugget auf die schon merklich leicht gewordene Seite der Waage zu Bang und Lacy.
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